Digital Programme brochure
Carolin Widmann ©Lennard Ruehle

Carolin Widmann | SWR Symphonieorchester | Bas Wiegers

Debussy | Lutoslawski | Saariaho

Kölner Philharmonie Intermission at 18:45 | Estimated end at 19:50
Sunday
11.05.2025
18:00

Einführungen

Audio-Einführung

Graal théâtre – Das Rätsel bleibt

Sophie Emilie Beha im Gespräch mit Carolin Widmann

Einführungen vor Ort

17:00 Einführung in das Konzert durch Insa Murakowski

17:00 Wahrnehmungsangebot: Die Violine

17:30 Wahrnehmungsangebot: Saal + Bühne

Artists

Programm

Programm

Witold Lutosławski 1913–1994
Mała suita (Kleine Suite) (1951)
Version für großes Orchester
I. Fujarka (Hirtenflöte)
II. Hurra-polka
III. Piosenka (Liedchen)
IV. Lasowiak (Tanz)

Kaija Saariaho 1952–2023
Graal théâtre (1994)
Konzert für Violine und Orchester
I. Rubato. Delicato
II. Impetuoso

Pause

Kaija Saariaho 1952–2023
Verblendungen (1982–84)
für Orchester und Zuspielung

Claude Debussy 1862–1918
La Mer L 109 (1903–05)
Drei sinfonische Skizzen für Orchester
I. De l’aube à midi sur la mer. Très lent
II. Jeux de vagues. Allegro
III. Dialogue du vent et de la mer. Animé et tumultueux

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Zu den Werken

Witold Lutosławski: Mała suita (Kleine Suite)

Kaija Saariaho schätzte das Werk ihres älteren polnischen Komponistenkollegen Witold Lutosławski sehr. Als er 1994 in seiner Heimstadt Warschau im Alter von 91 Jahren starb, widmete sie der Erinnerung an ihn das Geigensolo Nocturne. Lutosławskis Kleine Suite (Originaltitel: Mała suita) für Kammerensemble, die er 1950 im Auftrag des Polnischen Rundfunks komponierte und die er kurz danach für die Besetzung eines großes Orchesters bearbeitet hat, ist indes eine taghelle Landpartie durch die Rzeszów-Region im Südosten Polens. Vier dort verbreitete Melodien (im Volkston) grundieren die vier Sätze seiner Suite im neoklassizistischen Stil; die Musiken von Igor Strawinsky und Béla Bartók sind wichtige Impulsgeber für den frühen Lutosławski. Die Vereinfachung seines musikalischns Idioms in der Kleinen Suite bietet ihm, der eben weitaus radikalere Kompositionen vorgelegt hat, in dieser Zeit ein ästhetisches Sicherheitsnetz. Seine 1947 fertiggestellte 1. Sinfonie, ein Jahr später in Kattowitz von Publikum und Kritik bejubelt uraufgeführt, gefiel den jungen sozialistischen Machthabern gar nicht, also wurde sie einstweilig mit einem Aufführungsverbot belegt.

Kaija Saariaho: Graal théâtre

1997 erschien bei Gallimard in Paris der Roman Graal Théâtre des französischen Schriftstellers und Mathematikers Jacques Roubaud (1932–2024), eine Fortführung seiner Novelle Graal Fiction von 1978. In beiden Werken geht es um die Suche nach dem heiligen Gral, die Ritter der Tafelrunde von König Artus, wofür sie die überlieferten englischen, walisischen, französischen und deutschen Quellen aus dem Mittelalter zu Rate ziehen, miteinander verbinden und von den historischen Legenden-Protagonisten als Zeitzeugen diskutieren lassen. Bei allem Gesagten und Aufgeschlüsselten bleibt das Rätsel um den Gral aber gewahrt, wird zurückgeführt in seine Ursprünglichkeit des Erstaunens und des Fragens.

Kaija Saariaho, die diese Annäherungen an den Gral mit größtem Interesse gelesen hat, betitelt ihr 1997 für Gideon Kremer komponiertes Violinkonzert exakt wie Roubaud seine zweite fiktionale Graal-Studie: Graal théâtre. Dazu zu bemerkte Saariaho: »Der Titel Graal théâtre drückt die Spannung aus, die ich fühle, zwischen den Mühen des Komponisten, während er die Musik schreibt, und dem theatralischen Aspekt der Aufführung, besonders bei einem Konzert, wo der Solist physisch wie musikalisch eine sehr große Rolle spielt. Jacques Roubauds sehr persönliche Interpretation der Legende um die Ritter der Tafelrunde und die Suche nach dem heiligen Gral ermutigte mich, etwas zu realisieren, was ich lange unmöglich fand: Die Idee, ein Violinkonzert, ein Genre mit so vielen bewegenden und überzeugenden Meisterwerken, in meine Sprache, meinen musikalischen Rahmen zu bringen. Der Titel birgt dabei eine zweifache Bedeutung: ›Gral‹ verweist auf das Heilige, Verborgene, während ›Theater‹ für spielerische Extroversion steht. Demnach besteht das Werk aus zwei gegensätzlichen Abschnitten, wobei sich das Theatralische im zweiten Satz allmählich ins Furiose steigert – in eine Musizierlust im Geiste Paganinis.«

Kaija Saariaho: Verblendungen

Auch zu dem Orchesterstück Verblendungen (1982–84) ließ sich Saariaho durch belletristische Literatur inspirieren: durch den 1935 publizierten Roman Die Blendung von Elias Canetti, in dem Geist und Vorstellung mit der Wirklichkeit konfrontiert sind, in dem der einsame Mensch die Welt reflektiert, mal erhaben, mal klug, mal elendlich scheiternd. Verblendungen beginnt mit einem grellen Sound vom Tonband, einem modifizierter Geigenklang. Überhaupt bestehen die vorproduzierten, dem live-Orchester ergänzend vom Tonband hinzugespielten Klänge sämtlich aus den Aufnahmen eines Geigen-Sforzatos und eines Geigen-Pizzicatos; aus ihnen formte Saariaho durch elektroakustische Manipulationen ein homogenes »Quasi-Streichorchester«, dem ein heterogenes Live-Orchester kontrastiv gegenübersteht. Zwischen diesen Farben wird verschiedengradig vermittelt, übergeleitet und übergegleitet, nach und nach gehen trockene, körnige Töne in fließende und hallende Klänge über: »Schillernde, unterschiedliche Oberflächen, Gewebe, Texturen. Gewichte, Schwerkraft. Geblendet werden. Interpolationen. Reflexionen. Der Tod. Die Summe der unabhängigen Welten. Schattierung, Brechung der Farbe« (Saariaho).

Claude Debussy: La Mer

Als Claude Debussy im September 1903 mit der Arbeit an La Mer beginnt, schreibt er dem befreundeten französischen Komponisten und Dirigenten André Messager: »Sie wissen vielleicht nicht, dass ich der schönen Laufbahn eines Seemanns bestimmt war, und dass nur die Zufälle des Lebens mich davon abgebracht haben. Nichtsdestoweniger habe ich ihm [dem Meer] eine aufrichtige Leidenschaft bewahrt. Sie werden einwenden, dass der Ozean nicht gerade die burgundischen Hügel umspült ... Und das könne wohl Atelierlandschaften gleichen, aber ich habe unzählige Erinnerungen; meiner Ansicht nach ist das mehr wert als eine Wirklichkeit, deren Zauber die Fantasie gewöhnlich zu stark belastet.« Eine überaus wichtige Äußerung zum Verständnis des Debussy’schen Werkes, dem einzelnen wie dem gesamten. Um naturalistische Darstellungen, um Klangmalereien, um musikalisches Kino geht es ihm nicht.

Und wenn vereinzelt doch mal leicht Illustratives oder Plakatives aus der Menge der Klänge hervorscheint und beim Hören subjektive wie graduell verschieden konkrete Bilder im Kopf entstehen lässt, dann könnte es sein, dass die, zugegeben, poetisch-erzählerischen Satztitel die Tür dazu geöffnet haben. Und diese literarischen Überschriften hat Debussy auch während des Komponierens verändert und dabei die Ursprungstitel schon etwas de-konkretisiert. Heißt die erste Skizze anfangs noch »Ruhige See vor den Iles Sanguinaires«, lautet die Endversion »Von der Morgendämmerung bis zum Mittag auf dem Meer«; und aus dem ursprünglichen Titel der dritten Skizze »Der Wind lässt das Meer tanzen« wird schließlich und neutraler »Dialog zwischen Wind und Meer«. Indes ändert sich die sprechende Bezeichnung der Mittelskizze »Spiel der Wellen« nicht.

Mit La Mer zeichnet Debussy aber eben keine programmatischen Realitätsbilder, sondern aus der Erinnerung und, noch viel wichtiger, aus der künstlerischen Notwendigkeit heraus dreimal einen verschiedenen »atmosphärischen Aggregatzustand« (Michael Kube).

Stefan Fricke

Fragen an ...

Wir haben den Künstlerinnen und Künstlern acht Fragen gestellt, deren Beantwortung ein persönliches Bild darüber ergeben sollte, welche Aspekte ihre musikalische Arbeit beeinflussen. Es blieb ihnen freigestellt, welche und wie viele der Fragen sie in ihrer eigenen oder einer ihnen vertrauten Sprache beantworten.

»Ich bin fest überzeugt, dass mein Instrument kein totes Stück Holz ist, sondern lebt, eine viel längere Geschichte hat als ich, viel mehr ›Aura‹ hat, als wir Menschen«

Carolin Widmann | Violine

Carolin Widmann

Carolin Widmann ©Lennard Ruehle

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»… dass die Beschäftigung mit zeitgenössischer Musik eine Selbstverständlichkeit wird …«

SWR Symphonieorchester

SWR Symphonieorchester

SWR Symphonieorchester ©SWR/Patricia Neligan

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»… die Arbeit eines Dirigenten – insbesondere bei neuer Musik – ist eine direkte Fortsetzung dessen, was ein Komponist zu Hause tut …«

Bas Wiegers | Dirigent

Bas Wiegers

Bas Wiegers ©Marco Borggreve

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Der Dirigent Bas Wiegers zu den Herausforderungen bei Uraufführungen

Musikgespräch SWR Kultur vom 31.08.2022
Quelle: SWR Kultur / Donaueschinger Musiktage 2022

Ensemble-Besetzung

Die Besetzung des SWR Symphonieorchesters

Violine I
Mila Georgieva Konzertmeisterin
Maxim Kosinov Stv. 1. Konzertmeister
Phillip Roy
Alexander Knaak
Dorothea Jügelt
Michael Hsu-Wartha
Gesa Jenne-Dönneweg
Helke Bier
Carl-Magnus Helling
Min Wei
Matia Gotman
Hwa-Won Rimmer
Andreea Janke
Dora Lapuste **

Violine II
Gunnar Persicke *
Uta Terjung
Susanne Kaldor
Peter Lauer
Alina Abel
Monika Renner
Katrin Melcher
Insa Fritsche
Maria Stang
Larissa Fernandes
Soo Eun Lee
Youngjoo Lee **

Viola
Lois Landsverk *
Raphael Sachs
Sally Clarke
Mitsuko Nakan
Nicole Nagel
Dorothea Funk
Andreea Alcalde Polo
Bohye Lee
Barbara Weiske
Viktoria Wagner **

Violoncello
Frank-Michael Guthmann *
Rahel Krämer
Dita Lammerse
Blanca Coines Escriche
Anna Mazurek
Panu Sundqvist
Johanna Leitz **
Larissa Nagel

Kontrabass
Sebastian Breidenstein *
Felix von Tippelskirch
Frederik Stock
Peter Hecking
Josef Semeleder
Baldur Widmer

Flöte
Matvey Demin *
Anne Romeis
Ana Tutic **

Oboe
Raquel Pérez-Juana Rodriguez *
Florian Hasel
Ute Taxhet

Klarinette
Sebastian Manz *
Niklas Malcharczyk
Magdalena Lipska  **

Saxophon
Christina Rall

Fagott
Hanno Dönneweg *
Angela Bergmann
Nerea Saez Guijarro
Paula Richter **

Horn
Thierry Lentz *
Thomas Flender
Michael Reifer              
Josef Weissteiner

Trompete
Jörge Becker *
László Kunkli
Holger Schäfer
Falko Schob
Christof Skupin

Posaune
Mayumi Shimizu *
Harald Matjaschitz
Stefanie Scheuer

Tuba
Werner Götze

Pauke
Michael Israelievitch

Schlagzeug
Markus Maier
Felix Birnbaum
Claudius Lopez-Diaz

Harfe
Laurence Forstner-Beaufils
Julia Weißbarth

Klavier, Celesta
Christoph Grund


* Stimmführer:in
** Praktikant:in

 

Weitere Angebote

  • Ausstellung »Lichtbogen«

    Kaija Saariaho

    Kaija Saariaho ©privat

    Die Musik Kaija Saariahos leuchtet, strahlt, glänzt und glitzert. Der Kosmos, das Firmament, die Landschaft und der Garten sind essentielle Themen im Oeuvre der finnischen Komponistin, die 1982 Paris zu ihrer neuen Heimat macht und sich der alten stets verbunden gefühlt hat.

    Mit Fotos und Dokumenten zeichnet die Ausstellung wichtige Stationen der Komponistin nach. Und wie wird diese Musik notiert? Als Extra stellen wir zusätzlich zahlreiche ihrer Partituren zur Ansicht zur Verfügung.

  • Applausdusche – Eine interaktive Installation von Manos Tsangaris

    Applausdusche

    Applausdusche ©Vanessa Stratmann

    Treten Sie unter das Vordach der Kölner Philharmonie und einen Moment lang kommt von oben tosender Applaus aus zwei kleinen Lautsprechern. Dazu geht ein Scheinwerfer an, um das Gefühl zu intensivieren, sich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu befinden. Gönnen Sie sich die Applausdusche als eine kleine Stärkung für zwischendurch!

    Mit Fotos und Dokumenten zeichnet die Ausstellung wichtige Stationen der Komponistin nach. Und wie wird diese Musik notiert? Als Extra stellen wir zusätzlich zahlreiche ihrer Partituren zur Ansicht zur Verfügung.

Hinweise

  • Ein digitales Programmheft?

    Erleben Sie die Konzerte beim Festival ACHT BRÜCKEN auf neue Art und Weise – interaktiv, multimedial und jederzeit zugänglich mit dem neuen digitalen Programmheft.

    Schon mehrere Tage vor dem Konzert ist das digitale Programmheft kostenlos verfügbar und bietet Zusatzinformationen und multimediale Inhalte.

    Für den Konzertabend liefert das digitale Programmheft die gewohnten Hintergrundinformationen zu den Mitwirkenden, Komponist:innen und Werken und gibt einen umfassenden Einblick in das Konzertprogramm.

    Eine Stunde vor dem Konzert wechselt das Programmheft in den Konzertmodus: Multimediale Inhalte werden deaktiviert und die gesamte Darstellung abgedunkelt,  um den Konzertgenuss nicht zu stören.

  • Zur Nutzung des Mobiltelefons

    Im Saal ist der Zugang zum Internet eingeschränkt. Bitte laden Sie das digitale Programmheft vor dem Konzert. Ein WLAN-Zugang steht Ihnen dafür im Eingangsbereich des Foyers zur Verfügung.

    Während des Konzertes bitten wir Sie, Ihr Mobiltelefon auf lautlos zu stellen und den Modus »Nicht stören« zu aktivieren. Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie es, einmal nicht erreichbar zu sein.

  • Bild- und Tonaufnahmen

    Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Beim Schlussapplaus dürfen Sie zur Erinnerung und privaten Nutzung gern ohne Blitz fotografieren und Ihre Bilder auch auf Social-Media-Kanälen teilen, nicht aber filmen oder den Ton mitschneiden.

Redaktion

Träger

Kulturpartner des Festivals

Veranstalter:
KölnMusik GmbH

Herausgeber:
ACHTBRÜCKEN GmbH
Bischofsgartenstraße 1, 50667 Köln

V.i.S.d.P.
Louwrens Langevoort,
Gesamtleiter und Geschäftsführer der ACHTBRÜCKEN GmbH und Intendant der Kölner Philharmonie

Redaktion:

Sebastian Loelgen