Clément Mao-Takacs *1980
Itsutsu no Tanka (2006)
5 mélodies sur des poèmes d’Ono no Komachi
für Flöte und Frauenstimme
Kaija Saariaho 1952–2023
Laconisme de l’aile (1982)
für Flöte und Elektronik ad libitum. Text von Saint-John Perse
Malika Kishino *1971
Monochromer Garten VIII (2016)
für Altflöte
Kaija Saariaho
Dolce tormento (2004)
für Piccoloflöte. Text von Francesco Petrarca
Kaija Saariaho
Changing Light (2005)
Version für Sopran und Flöte. Text (Abendgebet) von Rabbi Jules Harlow

Changing Light
ON@ACHTBRÜCKEN
09.05.2025
19:45
Audio-Einführung
Zwischen Flöte und Freundschaft
Sophie Emilie Beha im Gespräch mit Camilla Hoitenga über Kaija Saariaho
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Programm
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Gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW
Zu den Werken
»Die Flöte ist das einzige unter den Blasinstrumenten, mit dem man flüstern und fließende Übergänge von Atem und Geräusch in reine Instrumentalklänge hervorbringen kann. Ich fühle, dass sie wirklich eine Verlängerung des Körpers ist.« Kaija Saariaho hat wohl auch gerade deswegen etliche Stücke für Flöte solo komponiert, denn die ungewohnte Farbigkeit, die in der ausgetüftelten Kombination von üblichem Flötenton, (leisem) Sprechen und variiertem Atmen facettenreich möglich ist, entspricht ganz ihrer Idee einer neuen sinnlichen Klangsprache.
Und das 1982 geschriebene Flötensolo Laconisme de l’aile (Aphorismus des Flügels), laut Saariaho ihre erste ganz eigene Komposition, ist ein initiales Manifest dieser auch das weitere Schaffen der finnischen Komponistin prägenden Poetik, die oft durch Worte anderer inspiriert oder grundiert ist. In diesem Stück – 1982 lässt sich Saariaho dauerhaft in Paris nieder – sind es prosaische Reflexionen des französischen Dichters und Literaturnobelpreisträgers Saint-John Perse (1887–1975) über Vögel, deren Rhythmus, Semantik und Sonorität in die musikalische Struktur verwoben ist.
Sehr ähnlich, wenngleich mit einem anderen Resultat, verfährt Saariaho in dem 2004 geschriebenem Piccoloflötensolo Dolce tormento; hier ist es das Sonett 132 von Francesco Petrarca (1304–1374), das Luftgeräusche, Vibrati, Glissandi, Triller, Mehrklänge evoziert, die das »einstimmige« Gedicht in einen Dialog von Sag- und Nichtsagbarem überführen. Komponiert für die Flötistin Camilla Hoitenga – sie und Kaija Saariaho haben seit Anfang der 1980er Jahre intensiv zusammengearbeitet und gemeinsam viele Möglichkeiten klanghaptischer (Ent-)Äußerungen erkundet –, agiert die Interpretin in diesem Stück als »Rhapsodin«, als musikalische Erzählerin, als erzählende Musikerin.
In Changing Light, 2002 ursprünglich für Sopran und Geige konzipiert, ist es ein Abendgebet aus der 1985 publizierten Sammlung Siddur Shim Shalom des US-amerikanischen Rabbiners Jules Harlow (1931–2024), das den Wechsel von »Licht und Dunkelheit, Nacht und Tag« und vor allem das glissandierende Schimmern dazwischen besingt und das Saariaho – die Bearbeitung für Sopran und Flöte entstand 2005 – als Duett inszeniert, in dem die textfreie Instrumentalstimme rhetorisch-poetisch ausschmückt (vorwegnehmend, parallel, resümierend), worum die Sängerin melodiös anruft: um stete, tagtägliche Erneuerung unseres Lebens.
Das stetig variierende Licht, sich kaleidoskopisch brechende Sonnenstrahlen auf dem Wasser, sorgsam platzierte Steine und geharkte Kieselbeete, eingebettet in eine ebenso sorgfältig arrangierte Anordnung von Nadel- und Laubbäumen, hier und da auch ein Buschgewächs, kaum je ein auf dem Boden liegendes Blatt – typische Merkmale eines durchgängig symbolisch aufgeladenen japanischen Zen-Gartens – liefern Strukturideen und Klangimaginationen für den seit 2011 entstehenden Kammermusikzyklus Monochromer Garten der lange schon in Köln lebenden japanischen Komponistin Malika Kishino. Der 2016 komponierte Teil VIII für Altflöte flaniert quasi durch diese Landschaft, die das Spiel mit mannigfach verschiedenen Geräuschklängen und klanglichen Erinnerungen an die japanische, sehr schlichte gebaute, aber schwierig zu handhabende Bambusflöte Shakuhachi zugleich erst konstituiert.
Angst, Einsamkeit, Liebe sind wiederkehrende Themen in der an Wortbedeutungen überbordenden, mit vielen Metaphern spielenden Dichtkunst von Oho no Komachi (825–900), die zu den wichtigsten Lyrikerinnen der japanischen Tradition zählt. Fünf ihrer Gedichte vertonte der französische Komponist Clément Mao-Takacs 2006 für Flöte und Frauenstimme in einer das außerordentlich verdichtet Gesagte auflösenden, Traumbilder evozierenden Klangsprache.
Stefan Fricke
Fragen an ...
Wir haben den Künstlerinnen und Künstlern acht Fragen gestellt, deren Beantwortung ein persönliches Bild darüber ergeben sollte, welche Aspekte ihre musikalische Arbeit beeinflussen. Es blieb ihnen freigestellt, welche und wie viele der Fragen sie in ihrer eigenen oder einer ihnen vertrauten Sprache beantworten.
»nie wieder ohne meine ›richtige‹ Flöte!!«
Camilla Hoitenga | Flöte

Camilla Hoitenga ©Sonja Dirscherl/Drunken Queen
Welche Rolle spielt für dich die zeitgenössische Musik in deiner musikalischen Arbeit?
Seit der Graduate school (einige Dekaden her!), wo ich schon mit Komponisten experimentierte, spielt zeitgenössische Musik eine zentrale Rolle nicht nur in meiner musikalischen Arbeit sondern in meinem Leben überhaupt.
Wie bist du zu deinem Instrument gekommen?
Mit Querflöte habe im Sommer nach meinem dritten Schuljahr angefangen. Inspiriert dazu war ich durch meine Klassenlehrerin, die immer wieder für uns gespielt hatte. Ein Klang zu produzieren hat über zwei Wochen gedauert, aber ich wollte unbedingt so schön wie sie spielen und ich blieb daran.
Welche Musik fasziniert dich beim Zuhören, die du nicht selbst spielst?
Ich werde nie vergessen, wie ich das erste Mal traditionelle bulgarische Musik hörte! Mein Professor für Musikethnologie hat in unserer Klasse eine Platte aufgelegt und die leidenschaftlichen Klänge der Sängerinnen und Dudelsack-Spieler trafen mich ins Mark.
Welche drei Dinge, die irgendetwas mit Musik zu tun haben, würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?
Witzige Frage: ich war mal zum Wild-Camping auf der Insel Corsica. Obwohl ich seit der Kindheit immer meine Querflöte mitgenommen habe, wenn wir als Familie gecampt haben, wollte ich dieses Mal »praktischer« handeln, also mit nur einer Sopran-Blockflöte im Gepäck. Leider war sie kein guter Ersatz. Also, nie wieder ohne meine »richtige« Flöte!! Alles andere ist egal. 😊
»keine Trennung zwischen Kunst und Alltag«
Anna Herbst | Sopran

Anna Herbst ©Maurice Cox
Welche musikalische Assoziation hast du, wenn du das Festivalmotto »Licht« hörst?
Wenn ich Musik höre, weckt das auch alle anderen Sinne, nicht nur den Hörsinn. Man sieht etwas vor dem »inneren Auge«, vor allem der Zusammenklag von Tönen, die Harmonie, kann für mich einen helleren oder dunkleren Charakter haben. Das Stück Changing Light in unserem Programm oszilliert für mich zwischen Licht, Schatten und Dämmerung im Klang.
Welche Rolle spielt für dich die zeitgenössische Musik in deiner musikalischen Arbeit?
Werke von Komponist:innen zu singen, die in derselben Epoche leben wie ich, bedeutet mir sehr viel. Es ist eine einzigartige »Direktheit« und Aktualität der künstlerischen Themen, die mich genauso betreffen wie unser Publikum. Und es macht sehr viel Spaß, an einem frisch komponierten Werk mit der Komponistin oder dem Komponisten weiter zu feilen.
Wie bist du zum Gesang gekommen?
Gesang, die menschliche Stimme, ist für mich das unmittelbarste und natürlichste Instrument, das es gibt. Ich wollte schon als Kind immer singen, weil die Stimme ein riesiges kommunikatives und expressives Potenzial hat. Das wollte ich auch für meinen eigenen Ausdruck im Musizieren nutzen können, und so bin ich zum Gesang gekommen.
Welche Musik fasziniert dich beim Zuhören, die Du nicht selbst singst?
Klassische Musik aus aller Welt, wie zum Beispiel indischer und persischer Gesang, die Peking Oper oder traditionelle Gesänge der Maori finde ich sehr spannend und geben mir immer neue Inspiration, was mit der Stimme alles ausgedrückt werden kann.
Was sind deine musikalischen Inspirationen?
Für mich gibt es keine Trennung zwischen Kunst und Alltag – ich habe immer die besten musikalischen Ideen oder Inspirationen für Programmgestaltung etc. wenn ich gerade etwas ganz alltägliches tue. Ich trage ja auch mein »Instrument«, die Stimme, immer bei mir und kann sie nicht zu Hause im Koffer lassen. Genauso ist es mit der musikalischen Inspiration, sie ist im Grunde immer dabei und manchmal hat man Glück und bemerkt sie auch 😊
Audio
Video: Kaija Saariahos »NoaNoa« mit Camilla Hoitenga
Podcast: Camilla Hoitenga im Gespräch mit Katie Knees
Weitere Angebote
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Ausstellung »Lichtbogen«
Kaija Saariaho ©privat
Die Musik Kaija Saariahos leuchtet, strahlt, glänzt und glitzert. Der Kosmos, das Firmament, die Landschaft und der Garten sind essentielle Themen im Oeuvre der finnischen Komponistin, die 1982 Paris zu ihrer neuen Heimat macht und sich der alten stets verbunden gefühlt hat.
Mit Fotos und Dokumenten zeichnet die Ausstellung wichtige Stationen der Komponistin nach. Und wie wird diese Musik notiert? Als Extra stellen wir zusätzlich zahlreiche ihrer Partituren zur Ansicht zur Verfügung.
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Applausdusche – Eine interaktive Installation von Manos Tsangaris
Applausdusche ©Vanessa Stratmann
Treten Sie unter das Vordach der Kölner Philharmonie und einen Moment lang kommt von oben tosender Applaus aus zwei kleinen Lautsprechern. Dazu geht ein Scheinwerfer an, um das Gefühl zu intensivieren, sich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu befinden. Gönnen Sie sich die Applausdusche als eine kleine Stärkung für zwischendurch!
Mit Fotos und Dokumenten zeichnet die Ausstellung wichtige Stationen der Komponistin nach. Und wie wird diese Musik notiert? Als Extra stellen wir zusätzlich zahlreiche ihrer Partituren zur Ansicht zur Verfügung.
Hinweise
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Redaktion
Träger
Kulturpartner des Festivals
Veranstalter:
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Herausgeber:
ACHTBRÜCKEN GmbH
Bischofsgartenstraße 1, 50667 Köln
V.i.S.d.P.
Louwrens Langevoort,
Gesamtleiter und Geschäftsführer der ACHTBRÜCKEN GmbH und Intendant der Kölner Philharmonie
Sebastian Loelgen