Royal Concertgebouw Orchestra

Man hört die Geschichte und der Glanz ist gegenwärtig

»Für mich lässt sich der Klang des Concertgebouworkest in einem Wort zusammenfassen: Gold«, sagt Aurel Dawidiuk, Associate Conductor. Das Orchester aus Amsterdam vereint jahrzehntelange Tradition mit menschlicher Nähe und kammermusikalischer Präzision.
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»Für mich lässt sich der Klang des Concertgebouworkest in einem Wort zusammenfassen: Gold.« Es spricht der junge Aurel Dawidiuk, associate conductor des Orchesters aus Amsterdam. Für zwei Jahre ist er Assistent bei Konzertprogrammen, die von den ganz Großen dirigiert werden. »Dies ist ein menschliches Orchester«, fährt Dawidiuk fort. »Ich erinnere mich gut an die erste Probe im September 2024, ich war eine halbe Stunde vorher im Künstlerfoyer anwesend und mir fiel auf, wie nett sich alle begrüßten. Ich habe ein Teamgefühl erlebt.«

Henriette Luytjes, erste Geigerin: »Wir sind ein soziales Orchester. Keiner von uns sieht das als reinen Job an, so engagiert sind die Musiker. Für mich ist das auch eine Voraussetzung, um wirklich gute Musik zu machen. Unser Sound ist wie ein antiker Schrank, man hört die Geschichte, man sieht sozusagen die Jahresringe. Wir geben diese Geschichte immer wieder an die jungen Kolleginnen und Kollegen weiter, die zu uns kommen. Wenn ich im Radio ein Orchester höre, weiß ich nach ein paar Takten, dass es das Concertgebouworkest ist: der Klang im Großen Saal, das Vibrato der Geigen«.

In der nächsten Saison wird das Concertgebouworkest das Porträtorchester der Kölner Philharmonie sein. Ein vielseitiges Repertoire, wie eine Visitenkarte des Orchesters, wird zu hören sein. Generalintendant Dominik Winterling: »Wussten Sie, dass unser erstes Konzert in Köln 1927 stattfand, Mahlers Sinfonie Nr. 4 unter der Leitung des damaligen Chefdirigenten Willem Mengelberg? Auch jetzt spielen wir diese Mahler Sinfonie, Andris Nelsons dirigiert. Wir haben eine enge Beziehung zum Kölner Saal und spielen dort fast jedes Jahr, unser Porträt fühlt sich fast an, wie eine Besiegelung dieses Bands. Dass der Intendant der Kölner Philharmonie ein Niederländer ist, Louwrens Langevoort, ist natürlich ein nettes Detail.«

Winterling betont ebenfalls den Teamgedanken innerhalb des Orchesters. Dem Concertgebouworkest gehören Musikerinnen und Musiker aus fünfundzwanzig Ländern an, von denen fünfzig Prozent Niederländer sind. »Das spiegelt sich auch in unserer Arbeitsweise wider. Die Orchestermusiker sind eng in die künstlerische Planung eingebunden, wir tauschen uns gegenseitig darüber aus, wo wir stehen und wohin wir gehen wollen. Die Musikerinnen und Musiker wählen ihren Chefdirigenten selbst. Das ist typisch niederländisch: Wir machen es gemeinsam. In diese Denk- und Arbeitsweise muss man passen. Und«, betont Winterling, »dann entscheidet man sich auch für eine Klangkultur«.

Diese Klangkultur kommt nicht von ungefähr, sondern hat eine Geschichte, die bis ins Jahr 1888 zurückreicht. Sie rührt vor allem auch von der meist langen Zusammenarbeit des Concertgebouworkest mit ihren jeweiligen Chefdirigenten her, darunter Willem Mengelberg, Bernard Haitink und Riccardo Chailly. Nicht selten fingen diese Chefdirigenten schon in jungen Jahren an. Jüngstes Beispiel ist Klaus Mäkelä, der finnische Dirigier-Nachwuchsstar, der 2027 offiziell sein Amt als achter Chefdirigent des Concertgebouworkest antreten wird. Winterling: »Bei der Wahl unseres Chefdirigenten, aber auch der Gastdirigenten steht die Entwicklung des Klangs im Vordergrund. Das funktioniert am besten, wenn man über einen längeren Zeitraum zusammenarbeitet. Dabei wird das Orchester von der herausragenden Akustik unseres Saals, dem Concertgebouw, genährt. Wir haben eine Spielkultur, man erkennt das Orchester immer. Eine englische Zeitung hat das Concertgebouworkest einmal mit einem Rolls Royce verglichen: ein bisschen altmodisch im Klang, aber auf die allerfeinste Art und Weise, wie etwas aus einer anderen Zeit, das sehr kostbar ist«.

Klaus Mäkelä, der bereits jetzt viel Zeit mit dem Orchester verbringt, kennt die Tradition des Orchesters und will sie auf die nächste Ebene führen; Mahler, dirigiert von Haitink während der berühmten Weihnachtsmatineen, hat sich ihm ins Gedächtnis eingeprägt. In Köln dirigiert er Bruckners Sinfonie Nr. 8 und Bartoks Konzert für Orchester. Außerdem steht Prokofievs Violinkonzert Nr. 1 mit Janine Jansen auf seinem Programm. Die Zusammenarbeit von Orchester und Geigerin wurde in der Presse als match made in heaven bezeichnet. Winterling: »Zum Profil des Orchesters gehören seit jeher die Werke zeitgenössischer Komponisten, das ist heute nicht anders als früher, wenn bspw. Werke von Thomas Ades, Mark-Anthony Turnage oder Unsuk Chin auf dem Programm stehen. Zu Mengelbergs Zeiten war das nicht anders«, sagt Winterling. »Er brachte Mahler und Richard Strauss nach Amsterdam, ebenso wie Franzosen wie Debussy und Ravel, die zeitgenössischen Komponisten der jeweiligen Epoche.«

Von den 120 Konzerten pro Saison spielt das Orchester rund 40 im Ausland, und bei diesen Auslandstourneen treten oft kammermusikalische Gruppierungen auf. Das Alma Quartett, das auch in Köln zu hören sein wird, ist eines dieser Ensembles. Marc Daniel van Biemen ist erster Geiger des Orchesters und Primarius des Quartetts, das nun schon seit über einem Jahrzehnt besteht. »Wenn ich so viel spiele, entwickle ich mich weiter und halte oder steigere sogar mein Niveau. (Vom Orchester gehe ich zum Quartett und umgekehrt.) Wir nehmen mit ins Quartett, was wir im Orchester lernen, was wir von bestimmten Dirigenten aufschnappen. Es hilft ungemein, wenn man eine Brahms-Sinfonie spielt und dann ein Brahms-Quartett, das eine Sinfonie im Kleinen ist. Wir können als Quartett einen symphonischen Klang erzeugen, das liegt an unseren orchestralen Erfahrungen.«

Luytjes stimmt dem zu. Sie spielt seit langem im Concertgebouw Kamerorkest, das während des Porträts mit der Pianistin Elisabeth Leonskaja auftreten wird. »Unser Ziel als Kammerorchester ist es, ein Spiegelbild des Concertgebouworkest zu sein. Wir wollen immer einen so vollen und homogenen Klang wie möglich erzeugen. Die Gene der Ensembles sind, trotz der wechselnden Besetzung, die des Concertgebouworkest«.

Dawidiuk, der associate conductor, denkt an Gold, wenn er den Klang des Concertgebouworkest beschreibt. Einverstanden? Van Biemen: »Ich würde sagen, eine herzliche Umarmung. Ich denke, das Concertgebouworkest ist ein warmherziges Orchester, und ich glaube, dass man als Zuhörer merkt, dass es allen Spaß macht, gemeinsam zu musizieren. Es gibt etwas Entspanntes in unserer DNA.«

Aurel Dawidiuk: »Diese Kammermusikalität ist das, was man im Orchester hört. Die Musikerinnen und Musiker sind auf der Suche nach Perfektion. Was nicht in jedem Orchester gegeben ist, ist, dass die Musiker dies aus sich selbst heraus erreichen wollen. Ich denke, das liegt daran, dass es viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Orchester gibt, die in verschiedenen Formationen Kammermusik spielen. Die Verbindung zwischen ihnen, dieses feine Band ist hörbar, selbst in einer großen Mahler-Sinfonie.«

 Winterling: „Ich schätze diese Vielfalt der kammermusikalischen Ensembles, es ist ein tolles Spiegelbild des Concertgebouworkest. Die Musiker präsentieren sich auf hohem Niveau. Und die Weitergabe all dieser Charakteristika ist uns ebenfalls ein großes Anliegen:

Dawidiuk, der von Hause aus Organist ist und in Köln als solcher mit einem Programm rund um J.S. Bach zu erleben sein wird, kommt als erste junger Dirigent in den Genuss, dem Orchester zwei Jahre als Assistent verbunden zu sein. Ein Aspekt der Aufmerksamkeit, die das Concertgebouworkest der Entwicklung junger Talente widmet. Ein weiterer ist Concertgebouworkest Young, ein internationales Jugendorchester, sowie ein Akademieprogramm, in dem europäische Spitzentalente ein Jahr lang die Möglichkeit erhalten, sich unter den Fittichen des Concertgebouworkest weiterzuentwickeln.«

Das Orchester nimmt eine Schlüsselposition im kulturellen Leben Amsterdams ein. »Wir sind ehrgeizig«, betont Winterling. »Wir haben ein großes Stammpublikum, darüber hinaus suchen wir aktiv nach neuen Zuhörenden und wollen neue Projekte entwickeln. Auch unser soziales Engagement ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Schulkonzerte, die Zusammenarbeit mit verschiedenen Veranstaltungsorten in der Region, die Essentials-Reihe, mit einem großen sinfonischen Werk, das man gehört haben muss – ein Angebot vor allem für eine junge Generation von Zuhörenden. Alle unsere Bemühungen beruhen auf dem Grundwert des Concertgebouworkest: künstlerische Exzellenz.« 

Frederike Berntsen

Porträt Concertgebouworkest