19:00 Einführung in das Konzert

The Oddity Effect
Schwarmeffekte von Yiran Zhao, Unai Urkola Etxabe und Christian Mason / Paul Griffiths
18.05.2025
20:00
Einführungen
Audio-Einführung
The Oddity Effect: Musik zwischen Masse und Individuum – Sophie Emilie Beha im Gespräch mit Ustina Dubitsky
Einführungen vor Ort
Mitwirkende
Mitwirkende
Programm
Programm
Yiran Zhao *1988
the unreachable shore (2024)
für Ensemble
Deutsche Erstaufführung
Kompositionsauftrag der European Concert Hall Organisation (ECHO), ermöglicht durch die Ernst von Siemens Musikstiftung
Unai Urkola Etxabe *1999
what shines beneath (zer den argitan) (2025)
für Ensemble
Uraufführung
Kompositionsauftrag von ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln im Rahmen des Internationalen ACHT BRÜCKEN Kompositionswettbewerbs 2024, ermöglicht durch die Gerhart und Renate Baum Stiftung
Pause
Christian Mason *1984 / Paul Griffiths *1947
The Oddity Effect (2024–25)
für 16 Stimmen und Ensemble. Text von Paul Griffiths
I. scene 1 – shoal
II. scene 2 – herd
III. scene 3 – flock
IV. scene 4 – crowd I
V. scene 5 – crowd II [Epilogue]
-
Gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW
Das Konzert wird vom WDR für den Hörfunk aufgezeichnet und kann am 12. Juni 2025 im Radio und anschließend für 30 Tage auf wdr3.de nachgehört werden.
Die Gesangstexte
Christian Mason / Paul Griffiths
The Oddity Effect (2024–25)
für 16 Stimmen und Ensemble
Text von Paul Griffiths
-
I. scene 1 — shoal
first state
we swim in the sea in silver circles revolve in the blue light all alike as if we were just one caught in a tangle of mirrors
solo:
not this one
a little bigger
just a little
you’d think it would protect me,
but —
drama
question:
W H O A R E Y O U ?
we are us are we [etc.]
solo:
not this one
gulp 1: [ f ]
second state
circles
just one caught in a tangle of mirrors
we swim in the sea in silver circles revolve in the blue light all alike
revolve silver circles
we swim in the sea in silver circles
revolve -
II. scene 2 — herd
first state
we graze on the green grass
feet steady in the earth
hooves engaged
as we tread slowly onward
calm eyes watchful
solo:
not this one
a little darker
not so much so
you’d think it would protect me,
but —
drama
question:
W H O A R E Y O U ?
we are us
solo:
not this one
gulp 2: [ ff ]
second state
(lament)
we graze on the green grass
feet steady in the earth
herd solo 1:
one was lost
engaged
herd solo 2:
was one lost?
as we tread slowly onward
calm eyes watchful
herd solo 1:
one was lost -
III. scene 3 — flock
first state
we fly in the wide sky
a line in the wide sky
all in the one bearing
we fly at the one speed
in the one formation
solo:
not this one
a little heavier
a little slower
pressing to keep up
but —
drama
question:
W H O A R E Y O U ?
we us we us we us
solo:
not this one
gulp 3: [ fff ]
second state
fly sky
line in the wide sky
sky fly -
IV. scene 4 — crowd I
first state
London will Flugzeugträger ins Rote Meer schicken!
Waffen im Wert von 21 Milliarden Euro …
AfD‒Äusserung alarmiert Geheimdienst!
Putins ideologische Folie …
„Wir machen weiter bis zem Sieg!“
Was passiert beim NATO-Manöver „Steadfast Defender“
Republikaner leben in einem anderen Amerika als Demokraten …
Der Kampf um die amerikanische Freiheit …
Der neue Kalte Krieg
Katalonien ruft den Wassernotstand aus …
Neue Vorwürfe gegen Deponiebetrieber Nordic Waste!
Die Krise des Bafögs!
KI-Verorderung!
Soforthilfe aus Spanien!
Evotec braucht neue Impulse!
Wir müssen neue Paradiese erfinden … -
V. scene 5 — crowd II [Epilogue]
question:
W H O A R E Y O U ?
Weiß nicht!
Versteh’?
Dumme Frage!
Ich liebe dich nicht!
Wer, mein Herr, will das Wissen?
Noch hier?
Frag meine Mutti!
Eins! Zwei! Drei!
Dummkopf!
’Raus!
Sag mir: Ausländer bist Du?
Geh!
Was hast gesagt?
Hau ab!
gulp 4: [ ffff ]
second state
Ich werde müde …
Lass uns gehen
Zu den Werken
Lichtreflexe, bizarre Formationen
The unreachable shore (2024), »Das unerreichbare Ufer«, der Titel von Yiran Zhaos Ensemblestück weckt Assoziationen an Flüchtlingsdramen im Mittelmeer, Badeunfälle oder ein Versinken im Zuge innerer Verlassenheit. Im Chinesischen, der Muttersprache der in Berlin ansässigen Komponistin, ist das »Ufer« aber auch die andere Seite, deren Bedeutungsfelder von Tod und Ewigkeit bis zu spiritueller Erleuchtung und der Poesie von Naturphänomenen reichen. Auf Letztere bezieht sich Yiran Zhao im Besonderen, bringt sie das »unerreichbare Ufer« doch mit Gletschereis in Verbindung, das sie auf einer Island-Reise 2018 faszinierte: »Das Eis«, so Zhao, »kann in diesem Aggregatzustand niemals ans andere Ufer des Ozeans gelangen, aber in Form von Wasser« – nur durch Veränderung sind neue Wege möglich, wobei sie nicht die Klimawandel-bedingte Eisschmelze, sondern persönliche Perspektivwechsel meint.
Anfang 2024 traf sie dann in München den spanischen Dichter Abraham Gragera, dessen Poem Lagune sie an die Island-Reise erinnerte und den Kompositionsprozess beflügelte. Lichtreflexe auf der Oberfläche des Eises, dessen bizarre Formationen und Geräusche bannte Yiran Zhao in The unreachable shore in eindringliche Klänge.
Loslösung von irdischen Fesseln
Hinter das Licht schaut der baskische, in Köln studierende Komponist Unai Urkola Etxabe in what shines beneath (2025), das uraufgeführt wird. Vordergründig kehrte er das Festivalmotto »Licht« um, in dem er sich auf die dem Licht abgewandte und für Menschen lebensfeindliche Unterwasserwelt bezog. Aber selbst in der Düsternis der Tiefsee leuchtet es in Gestalt biolumineszenter Lebewesen, die, vergleichbar den Glühwürmchen, ihr eigenes Licht ausstrahlen.
Etxabe gliederte what shines beneath in drei Teile, die eine imaginäre Geschichte erzählen. Am Anfang steht das helle (Tages-) Licht, dem sich das lyrische Subjekt durch einen Sturz ins Meer entzieht und sofort Effekten wie steigendem Wasserdruck ausgesetzt ist. In einer grellen Fantasiereise ist das Wasser mal flach, mal unendlich tief; Meeresbewohner treten hinzu, ein Boot nimmt die Suche auf oder ist es in der Wasserwüste nur eine Fata Morgana? Und im panischen Zittern wird plötzlich sichtbar, »was darunter scheint«. Ist es der Anblick jener biolumineszenten Lebewesen, ist es ein Zustand der Entrückung oder der Tod als Loslösung von allen irdischen Fesseln? Die Musik selbst ist fesselnd und lässt die Antwort darauf offen.
Die Dramen dieser Welt
Ins Meer taucht auch der Brite Christian Mason ein, der sich in The Oddity Effect (2024/25) für Chor und Ensemble dem Schwarmverhalten widmet. Dieses ist zwar auch bei Vögeln zu beobachten; der zugrunde liegende Text von Paul Griffiths gilt aber in erster Linie Fischschwärmen, die sich vom Lichteinfall leiten lassen. Angeregt ist das Werk von der Unterwasserwelt und den homogenen, jedoch in sich unberechenbaren Bewegungen des Schwarms. Die verschiedenen Stadien dieser Motorik tragen aber auch menschliche Züge und spiegeln die »Dramen« dieser Welt – denn verhalten sich die Menschen nicht auch wie Schwärme, obwohl individuelle Meinungen und Richtungen weit auseinandergehen können?
Mason konzentrierte sich zumal auf das Abweichen Einzelner aus der Masse, auf den »Andersartigkeitseffekt«. So gerät The Oddity Effect auch zur klingenden Reflexion über Identität, Ähnlichkeit, Imitation und eben Andersartigkeit – und über die Reaktionen auf die, die sich trauen, aus der Reihe zu tanzen. Das ist brandaktuell; so wie Masons Klänge, die am Puls der Zeit sind und zum Abschluss des Festivals ACHT BRÜCKEN noch einmal ein starkes Plädoyer für die Förderung der allerneusten Musik und die Abenteuerbereitschaft von Interpret:innen wie Publikum abgeben.
Egbert Hiller
Fragen an ...
Wir haben den Künstlerinnen und Künstlern acht Fragen gestellt, deren Beantwortung ein persönliches Bild darüber ergeben sollte, welche Aspekte ihre musikalische Arbeit beeinflussen. Es blieb ihnen freigestellt, welche und wie viele der Fragen sie in ihrer eigenen oder einer ihnen vertrauten Sprache beantworten.
»The great thing about modern music is that it is very inclusive.«
Yiran Zhao | Komponistin

Yiran Zhao ©Lukas Jakob Löcker
What musical associations come to mind when you think of the festival motto »Light«?
»Light« for me has a very positive connotation, revealing and warming our surroundings. But light also contains within itself the spectrum: a great diversity of colors and shades that we can discover if we look at it from different angles, through different perspectives.
What role does contemporary music play in your compositional work?
We all live in the present, and come into contact with all kinds of people, things and media every day, living in society and in nature. As an artistic creator, I am not stingy about accepting inspiration of any style and form, which can come from contemporary, history or future sources. I will use materials of different styles according to the needs of the work, and finally create a presentation that best suits the material itself. The great thing about modern music is that it is very inclusive. I think that all kinds of works we create now are ultimately part of it.
What inspired you to become a composer?
I started learning piano at the age of 4 and a half, and soon found that I had a lot of fun tampering with the repertoire to create new works; I loved to improvise strange things on the piano inspired by the music I heard. I received classical music training in my adolescence, and it was not until 2008 when I first came into contact with contemporary music in college and tried to compose in this style myself, and then in 2009 I collaborated with Ensemble Recherche in Germany for the first time in Beijing – it was like opening the door to a new world – to discover that sound material can be presented with such breadth and virtuosity! I became very curious about the contemporary music context in Germany and Europe, and later moved to Europe, and began my study and work as a composer. In the past years, I have met many great artists (not only in the field of music), and many of them have inspired me a lot, some also changed my way of working with others - how to work as a composer.
Are you playing any musical instruments?
Piano is my main instrument, I learned a little bit of violin when I was a kid, and also studied organ for a few years.
What kind of music fascinates you as a listener, even though you don’t compose it yourself?
There’s always something that can fascinate me. Attractive harmony and instrumentation, fantastic performer, meaningful themes, special instruments, fresh listening angles, interesting sound colors, strange forms, unexpected combinations, and many other things.
What do you believe music can achieve, and what not?
I think that music can express everything the composer and performer want to say, and what the audience hears, feels and understands will have different results based on their personal experience.
Who or what are your main musical inspirations?
nature and daily life
Do you think there is a difference in how people experience your music when they listen with their eyes closed? If so, how does it change?
Very interesting question! Well I have works with different media.
For works with only sound materials, closing your eyes may make hearing more sensitive.
For works with visual materials, there may be a lack of context, because in this type of work I usually use visual elements as compositional materials together with other sound materials.
For works with tactile sensations (like my solo piece SHH #1 for an audience-member’s head), closing your eyes would be a very good suggestion, so that the audience can concentrate on feeling the various subtle changes brought about by the performance.
What three music-related things would you take with you to a desert island?
Tools that can document my surroundings and my experience.
A music friend – can become music collaborator and audience
Instrument – probably something related to electronics
»I guess composition was the easiest way to manage the ache of creation …«
Unai Urkola Etxabe | Komponist

©Diego Rodriguez Robredo
What inspired you to become a composer?
I believe that I've always been an artist that tends to value imagination more than rationale, although both have always been in a pendulum, and that turned out to form a composer that has been highly creative since the very beginning. I guess composition was the easiest way to manage the ache of creation given that I was connected to music already. The outlet with the least entropy, perhaps.
Are you playing any musical instruments?
Yes, I do. I have been playing cello since I was 8. However, due to many reasons I haven't been able to play it as much as I would like to. I also play piano, txistu (a traditional Basque wind instrument), viola de gamba and the organ to some extent.
What kind of music fascinates you as a listener, even though you don't compose it yourself?
The Floptropican remixes.
Who or what are your main musical inspirations?
Virtual culture and subcultures –from brain rot to (queer) dissidence/conflicts–, thresholds and all that is liminal, and the interactions of these with the »real world«.
What three music-related things would you take with you to a desert island?
Easy: the Breakout album by Miley Cyrus, an ocarina, and a clip of the lip-sync by Shea Couleé and Sasha Velor to So Emotional at the finale of Rupaul’s Drag Race season 9. I understand there won’t be no electricity, but iconic things must be preserved.
»I’m attracted to the idea of music being integrated into the rituals of living«
Christian Mason | Komponist

Christian Mason ©Marco Borggreve
What musical associations come to mind when you think of the festival motto »Light«?
For my own music the idea of light is a central inspiration. It has often appeared implicitly or explicitly in my titles, such as ... just as the sun is always ... (2006) or The Years of Light (2013), as well as being an important word in recent texts that I have set: listen out for blue light during the first movement of The Oddity Effect. Sound, like light, can bring warmth, communication and understanding into the world. While it may sound like a naïve view, this analogy between sound and light emphasises the need for our senses to work together in bringing wholeness to our experience.
What inspired you to become a composer?
There are two aspects to this. When I started learning music (with violin lessons at school), my teacher taught us about Bach, Beethoven, Brahms and Bartók – he called them the »Four Big B’s«. So at some point I started wondering what came after Bartók (not to mention before Bach), and if there were still composers alive today. The other aspect was more intuitive, during my teenage years I found myself drawn to improvising on my instruments rather than practicing, and I started to hear sounds and melodies in my imagination which felt like more than just memories of things I had already heard.
What kind of music fascinates you as a listener, even though you don’t compose it yourself?
I’m fascinated by the music of certain oral traditions, such as Tuvan khoomei (throat singing), in which there is an inherent and deep relationship between the musical idiom and the geographical environment in which (or from which) it has developed. Whereas we tend to think of music in terms of ›art‹ or ›entertainment‹ or ›cultural discourse‹, I’m attracted to the idea of music being integrated into the rituals of living, as it often is or has been in traditional cultures. Of course there are also many other things I love to listen to ...
Do you think there is a difference in how people experience your music when they listen with their eyes closed? If so, how does it change?
Yes, in a general sense there is a difference because when we are also looking with our eyes then our energy is divided between two senses, and the visual maybe has a tendency to dominate. On one hand the visual qualities of a performance can enhance the experience of the sound […]. On the other hand, there are certain musical situations in which closing the eyes enables a deeper and more contemplative experience of the music. […]
What’s three music-related things would you take with you to a desert island?
My musical saw, to play music, but also to cut wood; my tibetan singing bowl, for its beautiful resonances, but also to collect water, cook or eat from; a thunder-sheet, to scare off predators, and to reflect sunlight in the hope of getting rescued!
»wir sehen es als unsere Aufgabe, Avantgarde zu sein«
SWR Vokalensemble

SWR Vokalensemble ©Lena Semmelroggen
Welche musikalische Assoziation habt ihr, wenn ihr das Festivalmotto »Licht« hört?
Lux aeterna von György Ligeti, Licht von Karlheinz Stockhausen, Distant Light von Kaija Saariaho
Welche Rolle spielt für euch die zeitgenössische Musik in eurer musikalischen Arbeit?
Eine große: wir sehen es als unsere Aufgabe, Avantgarde zu sein. Etwas Neues auszuprobieren, neue Tonsprachen zu lernen, das hält uns wach und neugierig. Wir fühlen uns wohl und relevant, wenn wir mit Komponistinnen und Komponisten zusammenarbeiten, ihre Ideen umsetzen.
Warum seid Ihr ein Ensemble geworden? Welche Gründe, Ideen haben dabei eine Rolle gespielt?
Die Freude am Ensemblegesang: gemeinsam Klänge formen, Teil eines größeren Ganzen zu sein, dabei aber immer solistisch eigenverantwortliche, musikalisch mitdenkende und -gestaltende Musiker zu sein
Welche Musik fasziniert Euch beim Zuhören, die Ihr nicht selbst spielt?
Für mich persönlich: Gustav Mahler, Richard Strauss, Johannes Brahms. Andere hören gerne Alte Musik, Streichquartett, Oper oder auch Heavy Metal, Jazz – hier ist jede und jeder in unserem Ensemble individuell.
Was sind eure musikalischen Inspirationen?
Gute Texte, in musikalische Formen gebracht, Licht, Landschaft.
Welche drei Dinge, die irgendetwas mit Musik zu tun haben, würdet ihr auf eine einsame Insel mitnehmen?
Als Sängerin hätte ich alles Wichtige dabei: Körper, Geist, Seele und Phantasie
Die Fragen beantwortete Sabine Czinczel, Chorvorstand im SWR Vokalensemble
»Musik und Kunst sind auch sozial und demokratisch.«
Ensemble Modern

Ensemble Modern ©Wonge Bergmann
Welche musikalische Assoziation habt Ihr, wenn Ihr das Festivalmotto »Licht« hört?
Aufklärung, Erkenntnis, Inspiration.
Jaan Bossier (Klarinette, Ensemble Modern)
Ein Raum wird betreten, von verschiedenen Seiten eingeleuchtet, gewinnt an Dreidimensionalität, ist schattiert in hellere und dunklere Zonen.
Johannes Schwarz (Fagott, Ensemble Modern)
Welche Rolle spielt für euch die zeitgenössische Musik in eurer musikalischen Arbeit?
Unsere größte Aufgabe sehen wir […] in den Uraufführungen; zeitgenössisch ist hier also sehr wörtlich zu verstehen.
Jaan Bossier (Klarinette, Ensemble Modern)
Meine Hauptarbeit ist, sich mit neuen Kompositionen zu beschäftigen, und dafür als Musiker mit meinem Instrument klangliche Lösungen zu suchen und anzubieten. Manchmal sind das klassische Klänge, aber eben manchmal auch „nur“ Klänge in der Vorstellung der Komponierenden, denen ich dann nach ihrer Beschreibung irgendwie nahetreten können muss.
Johannes Schwarz (Fagott, Ensemble Modern)
Warum seid Ihr ein Ensemble geworden? Welche Gründe, Ideen haben dabei eine Rolle gespielt?
Musik und Kunst sind auch sozial und demokratisch. Als Ensemble kann man diese Werte nicht nur musikalisch leben. Sowohl unsere kammermusikalische Art zu Musizieren als unsere organisatorische Struktur ist demokratisch aufgebaut.
Jaan Bossier (Klarinette, Ensemble Modern)
Im Ensemble Modern werden viele Erfahrungen gebündelt, besprochen, und in neue Projekte eingebracht. Dadurch kann sich eine sehr effiziente Arbeitsweise mit viel grundsätzlichem Wissen über die Musikstile entfalten.
Johannes Schwarz (Fagott, Ensemble Modern)
Was kann Musik, was nicht?
Musik löst keine Probleme, aber stiftet zum Nachdenken an und ist somit doch ein Wegweiser oder eine Hilfe bei der Suche nach Lösungen von gesellschaftlichen Problemen oder Themen.
Jaan Bossier (Klarinette, Ensemble Modern)
Pro: Musik kann einen auf sich zurückführen.
Kontra: macht erstmal nicht satt!
Johannes Schwarz (Fagott, Ensemble Modern)
Denkt Ihr, es macht einen Unterschied, wenn man die Musik, die ihr spielt, mit geschlossenen Augen hört, und wenn ja, welchen?
Gegenfrage: Kann man Haute Cuisine auf einem edel gedeckten Tisch gleich intensiv in einem Dunkelrestaurant genießen?
Jaan Bossier (Klarinette, Ensemble Modern)
Da Musik besonders im eigenen Kopf stattfindet, ist das Schließen der Augen eine wunderbare Unterstützung. Allerdings nehme ich persönlich gerne den Live-Effekt eines Konzertes wahr, und das geht schlecht mit geschlossenen Augen …
Johannes Schwarz (Fagott, Ensemble Modern)
Welche drei Dinge, die irgendetwas mit Musik zu tun haben, würdet Ihr auf eine einsame Insel mitnehmen?
Ich stelle mir eine einsame Insel sehr still vor. Gut möglich, dass ich deswegen keine zerstörenden Klänge mitnehme.
Jaan Bossier (Klarinette, Ensemble Modern)
- Meine Tuba (weil: halbwegs wasserfest)!
- ein Real-Book (Jazz)
- eine Axt (um Brennholz zu machen, und um dann abends an einem Feuerchen am Strand unter einer Palme auf meiner Tuba für die Sterne spielen zu können!)
Johannes Schwarz (Fagott, Ensemble Modern)
»Licht fühlt sich für mich nach Weite und Transparenz an. Es erinnert mich an Momente, in denen Musik fast still ist, aber innerlich leuchtet.«
Xizi Wang

Xizi Wang ©Romanus Fuhrmann
Welche musikalische Assoziation hast du, wenn du das Festivalmotto »Licht« hörst?
Wenn ich an »Licht« denke, verbinde ich das musikalisch mit schwebenden Klängen – helle Streicher, ein leises Glockenspiel oder ein einzelner, durchschimmernder, lang gehaltener Ton, der in der Luft steht. Licht fühlt sich für mich nach Weite und Transparenz an. Es erinnert mich an Momente, in denen Musik fast still ist, aber innerlich leuchtet.
Welche Rolle spielt für dich die zeitgenössische Musik in deiner Arbeit als Dirigent:in?
Zeitgenössische Musik spielt für mich eine zentrale Rolle, weil sie uns mit der Gegenwart verbindet. Es gibt keine jahrhundertealte Aufführungstradition, an der man sich orientieren kann – oft nur die Partitur und vielleicht den direkten Kontakt zu den Komponist:innen. Diese Offenheit erlaubt mir, mich intensiv mit dem Werk auseinanderzusetzen und ganz eigene Lesarten zu entwickeln. Außerdem empfinde ich es als Verantwortung, neue Musik aufzuführen – denn ohne heutige Interpretationen gibt es keine Tradition von morgen.
Spielst du auch selbst ein Instrument?
Ja, ich bin Schlagwerkerin, genauer gesagt Solo-Paukerin. Ich liebe es, mit Klang und Timing so direkt den Raum gestalten zu können.
Was kann Musik, was nicht?
Musik ist für mich eine Sprache. Und wie jede Sprache will sie kommunizieren – nicht immer klar oder direkt, aber sie stellt etwas in den Raum: eine Stimmung, eine Frage, eine Botschaft. Manchmal will sie einfach nur gehört werden. Sie kann verbinden, weil sie keine Übersetzung braucht – und genau darin liegt ihre Kraft.
Denkst du, es macht einen Unterschied, wenn man die Musik, die du dirigierst, mit geschlossenen Augen hört – und wenn ja, welchen?
Ja, besonders bei zeitgenössischer Musik kann das durchaus einen Unterschied machen. Diese Musik folgt nicht immer einem klaren, durchgehenden Taktgefühl – die Taktstriche sind in solchen Fällen eher ein organisatorisches Hilfsmittel als Ausdruck musikalischer Struktur. Wenn man mit geschlossenen Augen hört, fehlt die visuelle Information über das rhythmische Geschehen – das kann den Höreindruck durchaus verändern.
Musik »öffnet Türen in neue Welten, und geht unter die Haut. Was sie für mich aber nicht ist, ist die sogenannte ›universelle Sprache‹«.
Ustina Dubitsky

Ustina Dubitsky ©Jean-Baptiste Millot
Welche Rolle spielt für dich die zeitgenössische Musik in deiner Arbeit als Dirigentin?
Die gleiche wie nicht zeitgenössische Musik. Leider bin ich Studium nur sehr wenig mit zeitgenössischen Kompositionen in Berührung gekommen, aber als ich dann zum ersten Mal neue Werke dirigiert habe, fühlte es sich nicht sehr viel anders an, als eine Beethoven-Sinfonie zu lernen. […] Die Aufgaben an mich als Dirigentin bleiben ja gleich. Es werden vielleicht nur andere Vokabeln verwendet.
Wie bist du zum Dirigieren gekommen?
Über ganz viele zufällige Entscheidungen, über Jahre hinweg. Es war nie mein Lebenstraum, es hat sich vielmehr so ergeben. Ich habe als Geigerin relativ früh angefangen, regelmäßig in Jugend- und Studierendenorchestern zu spielen. Damit verbunden kamen Registerproben, die ich leiten durfte, Streicherproben und Tuttiproben. Gleichzeitig hatte ich im Schulmusikstudium auch Unterricht in Orchester- und Chorleitung, aber natürlich sehr marginal und nicht zu vergleichen mit dem Hauptfachstudium. Trotzdem haben wir auch da zum Studiumsabschluss als Semester zusammen eine ganze Lortzing-Oper aufgeführt […]. Und nach dem Staatsexamen entschied ich mich, die Aufnahmeprüfung für das Dirigierstudium zu machen.
Spielst du auch selbst ein Instrument?
Geige und (viel weniger gut) Klavier.
Was kann Musik, was nicht?
Oh. Große Frage. Muss Musik was können? Darf sie nicht einfach sein? ...
Musik kann definitiv Emotionen bzw. Stimmungen beeinflussen. Sie kann mitreißen oder betrüblich machen. Sie kann Angst machen, gruselig sein, definitiv in den Ohren wehtun und zu laut sein. Sie kann berühren, inspirieren, beim Einschlafen helfen. Sie öffnet Türen in neue Welten, und geht unter die Haut. Was sie für mich aber nicht ist, ist die sogenannte »universelle Sprache«. Das ist für mich Quatsch. In jedem schwingt sie etwas anders und bedeutet absolut nicht das Selbe. Das merkt man, finde ich, am deutlichsten bei zeitgenössischer Musik, bei Werken, bei denen es noch keinen »Konsens« darüber gibt, ob das Stück »gut« oder »schlecht« ist und wie unterschiedlich die Meinungen zu den einzelnen Werken sein können. Oder am Skandal von Stravinskys Le Sacre du printemps, bei dessen Uraufführung sich die Leute geprügelt haben, so unterschiedliche Meinungen und Emotionen hat dieses Werk ausgelöst.
Welche drei Dinge, die irgendetwas mit Musik zu tun haben, würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?
Uff. Vielleicht mein Handy für den Zugang zu eigentlich jeder Musik, die ich hören wollen würde. Meine Mahler-9-Partitur, weil ich denke, dass sie unerschöpflich ist und man bei jedem Öffnen etwas Neues entdeckt. Und vielleicht meine Kopfhörer, um die Musik in guter Qualität zu hören. Aber dann bräuchte ich ja auch noch eine Powerbank mit Solarbatterie, samt Ladekabel, also wären das schon fünf Dinge ... das würde also gar nicht gehen. Dann würde ich eigentlich zur Mahler-Partitur lieber noch einen der Remarque-Romane mitnehmen, und ein Foto meiner Liebsten. Damit ließe es sich lang aushalten.
Ensemble-Besetzungen
Die Besetzung des SWR Vokalensembles
Sopran
Kirsten Drope
Aya Gigandet
Wakako Nakaso
Dorothea Winkel Solo
Alt
Sabine Czinczel Solo
Judith Hilger
Pauline Stöhr
Wiebke Wighardt
Tenor
Johannes Kaleschke
Christopher Kaplan Solo
Rüdiger Linn
Julius Pfeifer
Bass
Bernhard Hartmann Solo
Florian Kontschak
Torsten Müller
Philip Niederberger
Die Besetzung des Ensemble Modern
Dietmar Wiesner Flöte
Christian Hommel Oboe
Jaan Bossier Klarinette
Johannes Schwarz Fagott
Thomas Mittler Horn
Sava Stoianov Trompete
Antonio Jimenez Marin Posaune
Benedek Kálmán Tuba
Ueli Wiget Klavier
Hermann Kretzschmar Klavier
David Haller Schlagzeug
Rainer Römer Schlagzeug
Jagdish Mistry Violine
Giorgos Panagiotidis Violine
Megumi Kasakawa Viola
Elijah Spies Viola
Eva Böcker Violoncello
Esther Saladin Violoncello
Paul Cannon Kontrabass
Norbert Ommer Klangregie
Weitere Angebote
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Ausstellung »Lichtbogen«
Kaija Saariaho ©privat
Die Musik Kaija Saariahos leuchtet, strahlt, glänzt und glitzert. Der Kosmos, das Firmament, die Landschaft und der Garten sind essentielle Themen im Oeuvre der finnischen Komponistin, die 1982 Paris zu ihrer neuen Heimat macht und sich der alten stets verbunden gefühlt hat.
Mit Fotos und Dokumenten zeichnet die Ausstellung wichtige Stationen der Komponistin nach. Und wie wird diese Musik notiert? Als Extra stellen wir zusätzlich zahlreiche ihrer Partituren zur Ansicht zur Verfügung.
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Applausdusche – Eine interaktive Installation von Manos Tsangaris
Applausdusche ©Vanessa Stratmann
Treten Sie unter das Vordach der Kölner Philharmonie und einen Moment lang kommt von oben tosender Applaus aus zwei kleinen Lautsprechern. Dazu geht ein Scheinwerfer an, um das Gefühl zu intensivieren, sich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu befinden. Gönnen Sie sich die Applausdusche als eine kleine Stärkung für zwischendurch!
Mit Fotos und Dokumenten zeichnet die Ausstellung wichtige Stationen der Komponistin nach. Und wie wird diese Musik notiert? Als Extra stellen wir zusätzlich zahlreiche ihrer Partituren zur Ansicht zur Verfügung.
Hinweise
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Ein digitales Programmheft?
Erleben Sie die Konzerte beim Festival ACHT BRÜCKEN auf neue Art und Weise – interaktiv, multimedial und jederzeit zugänglich mit dem neuen digitalen Programmheft.
Schon mehrere Tage vor dem Konzert ist das digitale Programmheft kostenlos verfügbar und bietet Zusatzinformationen und multimediale Inhalte.
Für den Konzertabend liefert das digitale Programmheft die gewohnten Hintergrundinformationen zu den Mitwirkenden, Komponist:innen und Werken und gibt einen umfassenden Einblick in das Konzertprogramm.
Eine Stunde vor dem Konzert wechselt das Programmheft in den Konzertmodus: Multimediale Inhalte werden deaktiviert und die gesamte Darstellung abgedunkelt, um den Konzertgenuss nicht zu stören.
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Zur Nutzung des Mobiltelefons
Im Saal ist der Zugang zum Internet eingeschränkt. Bitte laden Sie das digitale Programmheft vor dem Konzert. Ein WLAN-Zugang steht Ihnen dafür im Eingangsbereich des Foyers zur Verfügung.
Während des Konzertes bitten wir Sie, Ihr Mobiltelefon auf lautlos zu stellen und den Modus »Nicht stören« zu aktivieren. Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie es, einmal nicht erreichbar zu sein. -
Bild- und Tonaufnahmen
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Beim Schlussapplaus dürfen Sie zur Erinnerung und privaten Nutzung gern ohne Blitz fotografieren und Ihre Bilder auch auf Social-Media-Kanälen teilen, nicht aber filmen oder den Ton mitschneiden.
Redaktion
Träger
Kulturpartner des Festivals
Veranstalter:
ACHT BRÜCKEN
Herausgeber:
ACHTBRÜCKEN GmbH
Bischofsgartenstraße 1, 50667 Köln
V.i.S.d.P.
Louwrens Langevoort,
Gesamtleiter und Geschäftsführer der ACHTBRÜCKEN GmbH und Intendant der Kölner Philharmonie
Sebastian Loelgen