Heute: Der Ruf der Bruckner-Berge. Ein kleiner Reiseführer für die Ohren von und mit Maria Gnann
FEL!X. Anima Eterna Brugge | Pablo Heras-Casado
Philharmonie.7 – Eine Stunde (R)auszeit
27.08.2024
19:00
Audio-Einführung
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 4 Es-Dur
Philharmonie.7 – Eine Stunde (R)auszeit
Mitwirkende
Mitwirkende
Programm
Programm
Anton Bruckner 1824–1896
Sinfonie Nr. 4 Es-Dur (»Romantische«)
Zweite Fassung WAB 104,2 (1878–1880)
I. Bewegt, nicht zu schnell
II. Andante quasi Allegretto
III. Scherzo. Bewegt – Trio. Nicht zu schnell. Keinesfalls schleppend
IV. Finale. Bewegt, doch nicht zu schnell
Anima Eterna Brugge spielt in diesem Konzert die zweite Fassung von Anton Bruckners vierter Sinfonie, nicht wie zuvor angekündigt die erste Fassung.
- Gefördert vom Kuratorium KölnMusik e.V.
- Gefördert von der Kunststiftung NRW
- Gefördert vom Flämischen Ministerium für Kultur, Jugend und Medien
Zum Werk
Gigantisch romantisch
Anton Bruckners Vierte Sinfonie Es-Dur
Kein Wunder, dass Anton Bruckner seine vierte Sinfonie die »Romantische« nannte. Romantisch ist schon der Beginn: Über Tremolo-Nebelschleiern der Streicher erhebt sich der erhabene Ruf eines Horns. Ein Instrument, das dank seines weichen, dunklen Klangs und seiner Fähigkeit, Nähe und Ferne zu suggerieren, der Ausdruckswelt der Romantik besonders entgegenkam. Das Horn vermag in besonderem Maße jener »unnennbaren, ahnungsvollen Sehnsucht« Ausdruck zu verleihen, die E.T.A. Hoffmann einst als das Romantische in der Musik ausmachte.
Aber nicht nur wegen des Horns, das auch in den folgenden drei Sätzen eine besondere Rolle spielt, ist Bruckners Vierte ausgesprochen romantisch, nein, der gesamte Kopfsatz ist es. Bruckner nannte ihn ein »romantisches Bild«, das das Treiben einer »mittelalterlichen Stadt« beschreibe – mit »Morgenweckrufen« und »Rittern auf stolzen Rossen«, die durchs Stadttor hinaus in den Wald galoppieren, wo sie von Waldesrauschen und Vogelgesang umgeben werden.
Die Vierte ist in drei Fassungen überliefert. Gespielt wird meist die letzte von 1888, seltener die Urfassung von 1874. Uraufgeführt wurde sie 1881 von den Wiener Philharmonikern in ihrer zweiten Fassung (von 1878) – mit einem neuen dritten Satz (dem berühmten »Jagd«-Scherzo) und vielen Änderungen im Detail und in der Ausgestaltung. Diese Fassung erklingt im Konzert von Anima Eterna Brugge am 27.08.2024.
Später überarbeitete Bruckner auch das Finale noch einmal gründlich. Offenbar zielten alle Veränderungen darauf, die gewaltige, komplexe Partitur der Urfassung – auch wird sie häufig erste Fassung genannt – fürs Publikum verständlicher und überschaubarer zu gestalten, weswegen Bruckner seine Vierte am Ende zufrieden als »das faßlichste und populärste meiner Werke« bezeichnen konnte.
Bereits in seiner kurz zuvor entstandenen dritten Sinfonie hatte Bruckner zu jener Form- und Klangsprache gefunden, die alle folgenden seiner insgesamt acht vollendeten Sinfonien prägen wird. So auch seine Vierte: Kopfsatz und Finale modelliert die Sonatensatzform, in der mit drei Themen operiert wird. An zweiter Stelle steht ein Andante quasi Allegretto. Es folgt ein Scherzo mit kontrastierendem Trio.
Bruckners individuelle Lösung der sinfonischen Idee schlägt sich vor allem in der hemmungslos monumentalen Anlage, den oft bombastischen Klangballungen und den gigantischen räumlichen Ausmaßen nieder. »Die gewaltigen Steigerungswellen, die bei Bruckner weitgehend die formalen Abläufe bestimmen, entsprechen Gefühlskurven, die steil ansteigend einen oder mehrere Höhepunkte erreichen und dann, meist abrupt, abfallen«, so beschreibt es treffend der Musikwissenschaftler Constantin Floros.
Für den Zusammenhang sorgt dabei weniger die Logik eines motivisch-thematischen Prozesses als vielmehr die metrisch-rhythmische Arbeit, die den stets klar und markant gebauten Themen immer wieder hymnisch zum Durchbruch verhilft. Der weitgespannte Spannungsbogen mündet am Ende stets in eine alles krönenden Schlussapotheose. In der vierten Sinfonie greift hier die Blechbläserfraktion auf das Horn-Quintenthema des Beginns zurück. Der Kreis schließt sich.
Verena Großkreutz
Biografien
Anima Eterna Brugge
1987 von dem Dirigenten, Cembalisten und Pianisten Jos van Immerseel gegründet, ist Anima Eterna Brugge heute aus der internationalen Musikszene nicht mehr wegzudenken. Der Klangkörper ist auf Repertoire aus der Zeit zwischen 1750 und 1945 spezialisiert und kann je nach Repertoire seine Größe zwischen sieben bis zu achtzig Musikern variieren. Historische Aufführungspraxis ist der Schwerpunkt, der sich als roter Faden durch die musikalische Geschichte von Anima Eterna Brugge zieht. Jedes neue Projekt ist von einer Atmosphäre des Forschens, Entdeckens und künstlerischen Experimentierens geprägt.
Seit 2020 arbeitet Anima Eterna mit vier verschiedenen Dirigierenden zusammen, von denen jeder seinen eigenen künstlerischen Weg mit dem Orchester geht:
Giovanni Antonini ist auf der Suche nach einem historischen Belcanto, Pablo Heras-Casado beschäftigt sich intensiv mit Anton Bruckner, Bart Van Reyn nimmt das Orchester mit in die Geburtsstunde der Sinfonie und Midori Seiler definiert den Klang der Romantik neu.
Anima Eterna Brugge hat es sich zur Aufgabe gemacht, die künstlerische Forschung der Orchestermitglieder durch innovative Konzertformate wie Anima Insight und Atelier Anima aktiv auf der Bühne umzusetzen – sowohl in großen Konzertsälen als großbesetztes Orchester als auch in intimerem Rahmen mit Kammermusik.
In der Kölner Philharmonie war Anima Eterna Brugge zuletzt 2016 zu hören.
Die Besetzung von Anima Eterna Brugge
Violine I
Anne Katharina Schreiber
Balázs Bozzai
Helena Druwé
Pietro Ferra
Rebecca Huber
Laura Johnson
Malina Mantcheva
Nicolas Mazzoleni
Cécile Mille
László Paulik
Martin Reimann
Mikolaj Zgólka
Violine II
Lea Schwamm
Barbara Erdner
Albrecht Kühner
Bérénice Lavigne
John Meyer
Ellie Nimeroski
Nadi Paz Perez Mayorga
Alicja Pilarczyk
Yannis Roger
Joseph Tan
Viola
Katya Polin
Juan Braceras
Gabrielle Kancachian
Noah Mayer
Chloé Parisot
Jonathan Ponet
Esther van der Eijk
Frans Vos
Violoncello
Tine Van Parys
Dmitri Dichtiar
Inka Döring
Hilary Metzger
Nicholas Selo
Patrick Sepec
Verena Zauner
Kontrabass
Beltane Ruiz Molina
Elias Bartholomeus
Elise Christiaens
Ben Faes
Mattias Frostenson
Isaline Leloup
Walter McTigert
Flöte
Anne Parisot
Géraldine Clément
Oboe
Christopher Palameta
Stefaan Verdegem
Klarinette
Lisa Shklyaver
Odilo Ettelt
Fagott
Javier Zafra
Ambroise Dojat
Horn
Pierre-Antoine Tremblay
Martin Mürner
Alessandro Orlando
Jörg Schulteß
Cyril Vittecoq
Trompete
Thibaud Robinne
Nicolas Isabelle
Sebastian Schärr
Posaune
Gerd Schnackenberg
Carolus Gevers
Gunter Carlier
Tuba
Harm Vuijk
Pauke
Jan Huylebroeck
Pablo Heras-Casado
Der im spanischen Granada geborene Dirigent Pablo Heras-Casado verfügt über ein breites Repertoire, das von Alter Musik und historischer Aufführungspraxis über große sinfonische Werke und Opern bis hin zu zeitgenössischen Werken reicht.
Als gefragter Gastdirigent tritt Heras-Casado regelmäßig bei den weltweit besten Orchestern auf, darunter mit den Berliner und Wiener Philharmonikern sowie den führenden US-Klangkörpern. Mit dem Freiburger Barockorchester verbindet ihn eine langjährige Zusammenarbeit mit umfangreichen Tournee- und Aufnahmeprojekten.
2022 begann Heras-Casado eine Partnerschaft mit Anima Eterna Brugge, die Tourneen und Aufnahmen von Bruckners Sinfonien auf historischen Instrumenten umfasst. Bei den Bayreuther Festspielen dirigierte er 2024 die Aufführungen des Parsifal. Zudem arbeitet er regelmäßig mit der Wiener Staatsoper zusammen. Als Erster Gastdirigent des Teatro Real in Madrid hat er kürzlich Richard Wagners Ring-Zyklus abgeschlossen.
Seine umfangreiche Diskographie wurde u.a. mit Preisen der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. 2018 wurde Heras-Casado der Titel »Chevalier de l'ordre des Arts et des Lettres« der Französischen Republik verliehen.
In der Kölner Philharmonie war er zuletzt im Mai 2023 zu erleben.
Vorschau
Die nächsten Konzerte in der Reihe Philharmonie.7
Mi
9
Okt 2024
19:00
FEL!X – Dem Original auf der Spur.
Die sechste Ausgabe des Originalklang-Festivals FEL!X vom 27. August bis 1. September rückt die Musik Nordwesteuropas ins Rampenlicht: Werke aus Flandern und den Niederlanden des 16. und 17. Jahrhunderts, prägend für die abendländische Musik. Die Kölner Philharmonie und ausgewählte Kirchen und Plätze verwandeln sich in Zentren musikalischer Vielfalt, von Aufbruchstimmung bis Besinnung. Am 31. August geht FEL!X URBAN in die Stadt: kreative Konzerte der jungen Musikszene an verschiedenen Spielorten. Eintritt frei.
» Zur Festivalseite
Weitere Highlights
Mo
2
Sep 2024
20:00
Hinweise
-
Ein digitales Programmheft?
Erleben Sie die Konzerte der Reihe Philharmonie.7 auf neue Art und Weise – interaktiv, multimedial und jederzeit zugänglich mit dem neuen digitalen Programmheft.
Schon 14 Tage vor dem Konzert ist das digitale Programmheft kostenlos verfügbar und bietet Zusatzinformationen und multimediale Inhalte: Als digitalen Appetizer gibt es für jedes Konzert der Reihe eine Audio-Einführung zum Einstieg.
Für den Konzertabend liefert das digitale Programmheft die gewohnten Hintergrundinformationen zu den Mitwirkenden, Komponist:innen und Werken und gibt einen umfassenden Einblick in das Konzertprogramm.
Eine Stunde vor dem Konzert wechselt das Programmheft in den Konzertmodus: Multimediale Inhalte werden deaktiviert und die gesamte Darstellung abgedunkelt, um den Konzertgenuss nicht zu stören.
-
Zur Nutzung des Mobiltelefons
Im Saal ist der Zugang zum Internet eingeschränkt. Bitte laden Sie das digitale Programmheft vor dem Konzert. Ein WLAN-Zugang steht Ihnen dafür im Eingangsbereich des Foyers zur Verfügung.
Während des Konzertes bitten wir Sie, Ihr Mobiltelefon auf lautlos zu stellen und den Modus »Nicht stören« zu aktivieren. Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie es, einmal nicht erreichbar zu sein. -
Bild- und Tonaufnahmen
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Beim Schlussapplaus dürfen Sie zur Erinnerung und privaten Nutzung gern ohne Blitz fotografieren und Ihre Bilder auch auf Social-Media-Kanälen teilen, nicht aber filmen oder den Ton mitschneiden.
Redaktion
Der Text von Verena Großkreutz ist ein Originalbeitrag für die KölnMusik.
Sebastian Loelgen
Kulturpartner der Kölner Philharmonie